Der Klimawandel ist auch in Vietnam angekommen
Im September 2009 fegte der Taifun Ketsana über die Philippinen hinweg. Nur wenige Tage später erreichte er Vietnam und die Küste in der Nähe der Stadt Da Nang. Sintflutartige Regenfälle setzten binnen kürzester Zeit die Städte Hue und Da Nang unter Wasser. Mehr als 52.000 Familien mussten evakuiert werden. 6.000 Häuser fielen den Fluten und nachfolgenden Erdrutschen zum Opfer, 162.000 wurden beschädigt. Besonders verheerend waren die Folgen in den Küstengebieten, wo die Überschwemmungen Reisernten und Aquakulturen, und damit die Lebensgrundlagen der ländlichen Bevölkerung zerstörten.
Taifune und Überschwemmungen treten in Vietnam jedes Jahr auf. Doch in den letzten zehn Jahren wurde das Land immer häufiger von schweren Wirbelstürmen, aber auch von außergewöhnlichen Hitzeperioden und Kälteeinbrüchen heimgesucht. Experten sehen darin einen unmittelbaren Zusammenhang mit den sich verändernden Klimabedingungen. Laut UN gehört Vietnam zu den 10 am stärksten durch die Folgen des Klimawandels gefährdeten Ländern. Neben den Temperaturen steigen auch die durchschnittliche Regenmenge und der Meereswasserspiegel rapide an. Insbesondere die Erwärmung des Oberflächenwassers verstärkt die Gefahr stärkerer und länger anhaltender Wirbelstürme.
Am härtesten von den Folgen betroffen ist die ländliche Bevölkerung in den Küstengebieten und schwer zugänglichen Bergregionen. Obwohl die industriellen Zentren Vietnams rasch wachsen und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft abnimmt, leben immer noch drei Viertel der Menschen auf dem Land. Rund 67 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft und Fischerei. Die Flussdeltas des Mekong und des Roten Flusses zählen zu den größten Reisanbaugebieten der Welt. Die Kleinbauern an der Küste besitzen jedoch nur kleine Flächen, auf denen ein vergleichsweise schlechter Ertrag erwirtschaftet werden kann. Entsprechend produzieren sie vorwiegend für den Eigenbedarf und erzielen nur geringe Einkünfte. Zwar haben die wirtschaftliche Öffnung und das daraus resultierende Wirtschaftswachstum dazu geführt, dass der Anteil der Menschen, die mit umgerechnet weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen, seit 1990 von 58 bis heute auf knapp 20 Prozent gesunken ist. Doch die arme Landbevölkerung hat nur wenig Anteil an diesem Wirtschaftswachstum. Naturkatastrophen stehen sie schutzlos gegenüber. Staatliche Schutzmaßnahmen sind ebenso unzureichend wie Hilfe bei der Anpassung der Landwirtschaft an die sich verändernden Wetterbedingungen.
Wie hilft die Diakonie Katastrophenhilfe
Zu den von den Folgen des Klimawandels besonders bedrohten Regionen gehören auch die beiden Distrikte Ba Tri, Binh Dai und Thanh Phu in der Ben Tre Provinz im Mekong Delta in Südvietnam. Neben der Zunahme von Taifunen und Überschwemmungen gefährdet vor allem die Versalzung der Gewässer und Böden die Lebensgrundlagen der Kleinbauern und Fischer. Die Bevölkerung in der Ben Tre Provinz hat wenig Erfahrung im Umgang mit Katastrophen und wie man sich davor schützen kann.
Damit die Bevölkerung in diesen besonders gefährdeten Gebieten solche Katastrophen in Zukunft besser bewältigen kann, startet die Diakonie Katastrophenhilfe im Juli 2010 ein umfassendes Projekt zur Katastrophenvorsorge in der Provinz Ben Tre.
Selbsthilfekräfte stärken
Mit gezielter Aufklärungsarbeit vermittelt das vietnamesische Rote Kreuz als lokale Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe der Bevölkerung in den gefährdeten Gebieten Kenntnisse in Katastrophenvorsorge und Katastrophenhilfe, v.a. im Hinblick auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Dieses Wissen soll die teilnehmenden Gemeinden befähigen, mit angemessenen Vorkehrungen auf Stürme, Taifune, Fluten und einen Anstieg des Meeresspiegels zu reagieren und sich besser vor Katastrophen zu schützen bzw. Verluste nach Katastrophen zu minimieren. In Workshops lernen die Mitglieder der lokalen Komitees für Flut- und Sturmkontrolle zunächst die Risikofaktoren in ihrem Lebensumfeld zu identifizieren. Auf dieser Grundlage erarbeiten sie im nächsten Schritt adäquate integrierte Katastrophenvorsorgepläne, die zugleich auch der sozialen und ökonomischen Entwicklung der Region zugute kommen sollen. Damit die Menschen sich in Zukunft schneller und besser selbst helfen können, werden zudem Frühwarnsysteme entwickelt und der praktische Katastrophenschutz ausgebaut. So werden beispielsweise Erste-Hilfe Teams auf Gemeindeebene gebildet und geschult, die im Katastrophenfall die Bergung und Erstversorgung übernehmen können.
Vor Katastrophen schützen – Folgen mindern
Außerdem unterstützen Fachleute der Partnerorganisation die Gemeinden bei konkreten Katastrophenschutzmaßnahmen. Dazu erhalten die Mitglieder in Workshops und Trainings beispielsweise Informationen über sturmresistente Bauweise, die Anlage von Deichen oder Aufforstung mit Mangroven und anderen Gewächsen an Flüssen und Küsten zum Schutz vor Überflutungen und Erosion. Zudem beraten die Klimaexperten die Bauern darüber, wie sie sich durch Umstellung der Ernte- und Pflanzzeiten an die veränderten Wetterbedingungen anpassen können oder durch bessere Schutzvorkehrungen für Vieh zum Beispiel höhere Weideflächen oder fortschrittliche Lagermöglichkeiten für Material, Saatgut und Vorräte, die Schäden nach Stürmen und Fluten mindern können. Für den Bau von Schutzanlagen werden den lokalen Katastrophenschutzteams Geräte und Material bereitgestellt. Darüber hinaus wird ein Forum „Sicher in Katastrophengebieten“ ins Leben gerufen, in dem die Gemeinden Informationen und Erfahrungen austauschen können, und das den Zugang zu Frühwarnsystemen verbessern soll.
Für den Aufbau der Katastrophenvorsorge in Vietnam hat die Diakonie Katastrophenhilfe 2010 zunächst 80.000 Euro bereitgestellt.
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